Grundsätzliche Gedanken

Was unterscheidet ein Buch von einer Zeitung, Zeitschrift oder sonstigen inhaltlichen Mitteilung? Ein Buch hat härtere Ecken und Kanten, es ist aus dauerhaftem Material gestaltet; damit es – zum Wiederlesen – in den Schrank gestellt werden kann; damit es aufbewahrt wird, um zu einem Bestandteil der eigenen Arbeit werden zu können. Ein Buch wird für die Dauer gemacht. Das bedeutet eine höhere Investition an Kraft und damit einhergehenden finanziellen Mitteln.

Doch natürlich ist die Frage, was ein Buch ist, nicht allein von der Form abhängig. Oft erschienen Artikel in Zeitschriften, die mit der Zeit als würdig befunden wurden in Buchform herausgebracht zu werden, sowie andererseits Unmengen von «Büchern» ihrem Anspruch (trotz herrlichster Aufmachung) nicht gerecht wurden und schon bald im Altpapier landeten. Doch wer entscheidet, welcher Text würdig ist in Buchform zu erscheinen? Kann diese Frage überhaupt abstrakt entschieden werden oder ist ihr nicht die Erkenntnis immanent, dass ein Buch eben ein Buch ist, weil es durch die Dauer seines Bestehens als solches überhaupt erst als Buch im eigentlichen Sinne in Erscheinung trat? Ist die Dauer also selbst die Voraussetzung für die Entstehung eines Buches?

Aber was heißt es konkret, ein Buch aus der Dauer zu schaffen? Ist «Dauer» wirklich eine Frage historisch messbarer Zeit oder nicht viel mehr die Frage, ob der Text (zumindest einen Funken) «Ewigkeitswert» in sich trägt, also nicht nur ein Mode- oder subjektives Geschmacksprodukt ist, sondern etwas Wesentlich-Menschliches, also umfassender Gültiges beinhaltet? Ein Buch also aus einer geistigen Wirklichkeit gewachsen ist, wie der Baum, die Buche, der auch niemand ihre «Wahrheit» abspricht, auch wenn über ihre Lebensbedingungen noch Unklarheit herrscht. Aber eines ist sicher: In der Wüste ist noch keine Buche «erschienen». Doch was für die Buche die Fruchtbarkeit des natürlichen Bodens ist, das Klima etc., das ist für das Buch die soziale Welt. Und wie die Buche in ihrer Entwicklung beeinträchtigt wird, wenn der Mensch der Natur zuwider handelt, so bedarf das Buch eines bestimmten «Klimas» um fruchtbar werden zu können; denn offensichtlich reicht es eben doch nicht, wenn Goethe, Schiller & Co oder die Gesamtausgabe Rudolf Steiners im Bücherschrank stehen. Dies «gedeihliche Klima» bedeutet nichts anderes, als dass das Buch aus der Sphäre der Freiheit hervorgeht.

Die Edition Immanente entsteht in diesem Sinne. Anknüpfend an das von Albrecht Walter angeregte Kommunikationsorgan ‹Immanente› wurde mittlerweile der Initiativ-Verlag Edition Immanente begründet. Eine Veröffentlichung hängt nicht allein vom Gutdünken oder der Kalkulation des Verlegers oder Eigners des Verlages ab, sondern bedarf des Gesprächs; denn der Eigner dieser entstehenden Bibliothek ist im Grunde keine Person, sondern das soziale Leben selbst. Jede Veröffentlichung in der Edition Immanente ist ein individueller Vorgang. Veröffentlichen kann grundsätzlich jeder Mensch, der den von ihm erwählten oder geschaffenen Text zum Buch werden zu lassen versteht, d.h. der für sein Vorhaben die nötige Unterstützung findet, also das Gespräch mit anderen Menschen pflegt, die in dem von ihm vorgelegten Text selbst schon ein Wesentliches erleben oder im Sinne einer «freien Redaktion» ihren Beitrag (Korrektur etc.) einbringen, damit dieses Wesentliche immer deutlicher zu Tage treten kann.

Thomas Brunner

Cottbus, 2005

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